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Trennung durch den Tod - Wie es sich anfühlt, plötzlich alleine mit 4 Kindern zu sein

Trennung durch den Tod - Wie es sich anfühlt, plötzlich alleine mit 4 Kindern zu sein

19.01.2023. 14:10
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In diesem Gastbeitrag schreibt Blanka Falk über ihr Leben als alleinerziehende Mutter von vier Kindern. Ihr Alltag hat sich von einem auf den anderen Tag geändert - denn ihr Mann wurde ganz plötzlich aus dem Leben gerissen. Wie sie es geschafft hat, mit ihrer Trauer und ihrem neuen Leben klar zu kommen, und was ihr und ihren Kindern dabei geholfen hat - darüber schreibt sie hier:

Es geschah an einem schönen Sommertag im Juli 2022 und traf mich vollkommen unvorbereitet.
Am Tag zuvor war ich mit meinem Mann und meinen 4 Kindern am Badesee, meine Jüngste übte noch mit dem Papa das Schwimmen für ihr Seepferdchenabzeichnen. Alles schien geradezu perfekt. Wir entschieden uns auch noch länger zu bleiben, schließlich waren schon Ferien und die Kinder brauchten nicht so früh ins Bett.

Mein Mann lag auf dem Badezimmerboden

Zu Hause dann aßen wir gemeinsam zu Abend und ich ging mit meiner Kleinen zu Bett (sie wollte in dieser Nacht bei uns im Bett schlafen), während mein Mann noch wach blieb und später dazu kam. Auch das war nicht ungewöhnlich.
Ungewöhnlich war dann, dass ich früh morgens ins Bad kam und er auf dem Boden lag. Ich dachte erst, dass sei ein Scherz – wieso ist er denn hier eingeschlafen? Ging es ihm nicht gut? Ich rüttelte an ihm, er rührte sich gar nicht, ich fasst seine Stirn, die ganz kalt war – langsam dämmerte es mir …

Ich rannte zum Telefon und rief den Notruf – ich verzog mich ins Wohnzimmer  und hoffte nur, dass sie noch etwas tun konnten. Aber nein, es war zu spät!


Das erste, was mir durch den Kopf ging war: Wieso hat er mich nicht gerufen?
Wieso hat er mir nicht gesagt, dass es ihm schlecht geht (was er sonst auch machte)?
Wieso habe ich nicht gehört, dass er zusammenbrach?

Die Sanitäter fragten, wem sie Bescheid sagen könnten?
Mir fiel erst niemand ein. Dann hatte ich meinen Nachbarn unter mir gehört und gesagt, dass sie ihn benachrichtigen sollten. Ich war der Meinung, er sei ein starker Mann, klarer Kopf, der weiß, was zu tun ist.
Er kam auch sofort hoch und war fassungslos.

Wie sage ich es den Kindern?


Nach einiger Zeit hieß es, dass die Kinder benachrichtigt werden sollten. Bis dahin schliefen alle und hatten nichts mitbekommen!
Ich dachte nur: Wie soll das gehen? Ich kann doch nicht meinen Kindern sagen, dass ihr Vater tot sei! In der Zwischenzeit kam noch eine Patentante von einem meiner Kinder dazu, die sehr im Glauben verwurzelt ist. Alle waren sich einig, dass es Zeit sei, die Kinder zu wecken …


Die Reaktionen waren unterschiedlich: die Älteste wollte sofort ins Bad rennen (Tür knallte zu!), die zweite fing fürchterlich an zu weinen, die dritte stimmte etwas verhaltener ein und die vierte wimmerte vor sich hin …


Es war fürchterlich meine Kinder in diesem Zustand zu sehen und hilflos daneben zu stehen, aber schon hier entschied ich mich meine Aufmerksamkeit auf meine Kinder zu richten und zu beobachten, notfalls eingreifen zu können oder zu handeln. Ich selbst fühlte mich wie im Film.
Selbst während ich diese Zeilen schreibe, ist alles unwirklich für mich.

Wie ging es weiter?
Ich musste Entscheidungen treffen auf Grundlagen, über die ich nicht im Entferntesten nachgedacht hatte: „Welchen Bestatter dürfen wir informieren?
Benötigen Sie einen Beistand christlicher Art?“
Als mein Mann dann fertig zum Abtransport war: „Möchten Sie oder die Kinder noch etwas sagen?“

Das Gute daran ist, dass ich es nicht bewusst erlebte, da ich mich wohl noch irgendwie im Schock befand – gut war auch (im Nachhinein), dass es kein richtig oder falsch dazu gibt. Es ist alles erlaubt! Und das darf auch so sein.

Das Leben musste weiter gehen

Wie war die Zeit danach?
Ich musste viele Angehörige informieren, kam in einen regelrechten Arbeitsprozess hinein.
Dann stand eigentlich unser bereits gebuchter Urlaub in zwei Wochen bevor (der erste nach zwei Jahren wieder).
Ich fragte meine Kinder, was sie machen wollten und es war für uns eindeutig, dass wir alle trotzdem (oder jetzt erst recht) fahren wollten.


Auch das galt es abzuklären: geht das überhaupt? Können wir die Beisetzung in dieser Zeit abschließen?
Der Bestatter sagte, dass es theoretisch möglich sei. Das reichte mir. Ich setzte darauf, dass wir das schaffen! Und Unmögliches wurde tatsächlich möglich!


Was trieb mich an?
Das Glück meiner Kinder!


Es gab nun nichts Wichtigeres als dass sie glücklich sein bzw. werden sollten. Das Schicksal war hart genug, dem galt es sich zu widersetzen. Ich traf eine glasklare Entscheidung und die hieß:
Leben! Ich selbst und umso mehr meine vier Kinder.

Zum einen bin ich gläubige Katholikin und da endet das Leben nicht mit dem Tod. Mein Glaube wurde hier auf praktische Art und Weise auf die Probe gestellt, aber ich hatte keinen Zweifel. Mein Mann hat uns auf Erden verlassen, aber er hat uns nicht im Geist verlassen. Alles kann seine Form ändern. Darin bestärkte ich auch immer meine Kinder.


Zum anderen ist mein Glaube so stark, dass, auch wenn Gott meinen Mann zu sich nahm und ich nicht weiß, warum (das ist wahrscheinlich die Frage, die sich die meisten stellen würden – es war nicht meine primäre Frage), so weiß ich, dass Gott keine Fehler macht!
Das bedeutet aber auch, dass es in seinem Tod etwas Gutes geben muss, auch wenn dies nicht offensichtlich ist – hier beginnt wohl wahrer Glaube.
Hierzu kann ich sagen: Dies ist es, was trägt!
Ob ich es je erfahren werde? Ich weiß es nicht, aber ich höre nicht auf, nach dem Guten zu suchen.

Wie geht der Alltag nun allein mit vier Kindern?
Mein „Glück“ ist, dass ich in den Ferien anfangen durfte, mein Leben neu zu organisieren. Alles ist neu!
Erste Herausforderungen: Wie wechsele ich die eingebauten Birnen der Deckenbeleuchtung? Wo finde ich alle Unterlagen, um alle erforderlichen Anträge für meine neue Situation zu stellen? Welche Anträge sind zunächst möglich?


Mein Mann war der Verdiener unseres Haushaltseinkommens – das war unsere bewusste Entscheidung für unsere Familienplanung, so haben wir uns unser Familienkonzept überlegt. Wie konnte das jetzt gehen?

Ein neuer Job musste her
 
Für mich kommt nur eine Selbständigkeit in Frage. Ich brauche die Flexibilität für meine Kinder und möchte mich nicht rechtfertigen müssen, wenn vielleicht ein oder mehrere Kinder krank sind. Für mich ist es das Beste so. Auch im Hinblick auf die Vorbildfunktion, die ich noch für meine jüngeren Kinder habe.

Was ich stets gut konnte, war zu schauen, wie es meinen Kindern geht. Meine Antennen sind hier sehr sensibel und meine Kinder bekommen immer einen wachsamen Blick von mir. So war ich dankbar, dass mir von unserer Schule (meine Kinder sind allesamt Waldorfschüler) Heileurythmie angeboten wurde. Dies war ein Segen, denn die beiden Jüngeren neigten mittlerweile dazu, sich einzuigeln. Mit der Heileurythmie konnten sie wieder zu sich finden. Sie bestätigten mir, dass es ihnen viel Spaß machte und beide blühten wieder auf. Welch ein Segen!

Auch wurden mir Hinweise zu Trauergesprächen angeboten, sowohl für mich, als auch für meine Kinder. Wir hatten alle keinen Bedarf hierzu. Vielleicht kommt das noch?
Heißt es, dass wir nicht trauern? Nun, es gibt immer wieder Zeiten tiefer Traurigkeit. Glücklicherweise nicht bei allen gleichzeitig, sodass immer abwechselnd jemand für den anderen da sein kann.

Der Alltag und seine Herausforderungen


Wo füllt man eigentlich das Wischwasser im Auto auf? Wie hoch soll der Reifendruck sein? Wie lässt sich die Taschenlampe laden? …
All diese technischen Dinge hatten mich nie interessiert. Ich merke, wie mich das Leben bequem gemacht hat und lerne nun jeden Tag neu mit immer neuen Herausforderungen.
Ich merkte auch schnell, dass ich tatsächlich die doppelten Aufgaben bekam.
Technische Lösungen finden, sämtliche Anträge bei den Behörden stellen und Schriftverkehr erledigen, meine eigene Fortbildung und der Aufbau meiner Selbständigkeit, die zahlreichen Fahrdienste für meine vier Kinder (sowohl Schulfahrten, als auch Freizeitaktivitäten), den Haushalt und die Organisationen der Feste (Geburtstage, Namenstage, Weihnachten …).

Wie geht das?
Nur mit einer ganz klaren Organisation!

Mein neuer Alltag 

Ich stehe jeden Morgen um 5 Uhr auf (am Wochenende eine Stunde später), ich habe meine Zeiten, wann ich was tue in einem Kalender festgehalten und richte mich danach, ich plane Termine und halte alles schriftlich fest, um möglichst nichts zu vergessen (was leider dennoch ab und zu passiert). Ich bin bemüht, mich jeden Tag zu verbessern.


Aber auch ich bin keine Maschine und es gibt für mich Tage, da schaffe ich es nicht, den Fokus zu halten und gebe meiner Zerstreuung nach. An diesen Tagen kommt dann meist noch die Traurigkeit hinzu.
Wenn ich dann auf meine Kinder schaue, finde ich jedoch wieder in meine Sehnsucht nach einem glücklichen Leben für sie zurück und sage mir: Morgen schaffe ich wieder meinen Tagesplan!

Mein Motivator: Die Sehnsucht nach dem Leben

Am Anfang steht die Sehnsucht und die Entscheidung, dann kann geplant werden und ich halte mir meine Sehnsucht immer wieder vor Augen!

Es ist die Sehnsucht nach dem Leben und dem Glück gemeint. Dadurch, dass mir so hart vor Augen gehalten wurde, dass eben doch alles schnell vorbei sein kann, entsprang die Sehnsucht, sein Leben wirklich zu leben und nicht mehr „zu verschieben“. Die Sehnsucht, die Fülle auszukosten. 


Hieraus entspringt eine gewaltige Motivation und Kraft, die auch dadurch genährt wird, dass ich so klar vor Augen gehalten bekam, wie schnell alles vorbei sein kann! Habe ich dann so gelebt, wie ich es wollte? Was kann ich meinen Kindern hinterlassen (nicht ausschließlich materiell, sondern auch ideell)?
Ich möchte, dass sie auch im Tod das Leben erkennen können – wenn nicht jetzt, weil sie noch zu klein sind – dann soll es nachwirken, bis sie so weit sind!

Blanka Falk
verwitwete Mutter von vier Kindern

 

Blankas Buch heißt:
"Hilfe ich werde Mutter - oder wie Muttersein das Leben verändert. Eine Mutter mit 4 Kindern teilt ihre Lebenserfahrung" Erhältlich ist es über Kindle und Amazon ab 9,99 Euro. 

Wer Kontakt zu Blanka aufnehmen will, kann das über diese Kanäle tun:

Facebook: https://www.facebook.com/profile.php?id=100073041971440

LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/blanka-falk/

Instagram: https://www.instagram.com/blankafalk/?next=%2F

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