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Vater sein – 700 Kilometer entfernt von den Kindern

Vater sein – 700 Kilometer entfernt von den Kindern

22.11.2018. 21:51
(Kommentare: 6)

Mit Mitte 20 habe ich mich verliebt. In eine Frau aus Bayern. Sie wohnte knapp 700 Kilometer weit weg von mir. Ich wollte, dass unsere Beziehung Bestand hat und bin damals zu ihr gezogen, denn sie wollte nicht weg aus ihrer Heimat. Zehn Jahre haben wir gemeinsam im bayrischen Wald gelebt, haben geheiratet, ein Haus gebaut und zwei wunderbare Kinder in die Welt gesetzt. Eigentlich das, wovon jeder Mann träumt. Leider hat mich im Oktober 2014 die Realität eingeholt. Ehe zerbrochen, riesiges Heimweh gehabt und das Gefühl, im Süden nicht richtig angekommen zu sein. Das ist die Kurzfassung meiner Geschichte. 

Nach der Trennung habe ich mich entschlossen, meine Zelte in Süddeutschland abzubrechen. Seit Mai 2015 lebe ich nun wieder in meiner Heimat in der Nähe von Köln (ganz nebenbei meine absolute Lieblingsstadt). Frei nach dem Motto „back to the roots“ habe ich mich für meine Heimat entschieden und bin dafür das Risiko eingegangen, meine Kinder nicht mehr in regelmäßigen Abständen zu sehen. 

Weihnachten alleine in der Wohnung 

Manche fragen sich jetzt bestimmt: Was stimmt mit dem nicht? Er lässt seine Kinder in Bayern und haut von der Verantwortung ab. Diese Gedanken kann ich nachvollziehen, aber ich teile sie nicht. Jeder, der diese Geschichte und Gefühle nicht mitgemacht hat, kann sich nicht vorstellen, wie man zu einem solchen Schritt kommt. 

Wer aber Weihnachten, zwei Monate nach der Trennung, plötzlich alleine in einer  Wohnung, ohne Kinder, ohne Familie und Freunde verbringt und der einzige „Freund“ eine Flasche Rotwein ist – dabei mag ich gar kein Rotwein – der fängt an, sich Gedanken zu machen. Was machen die Kinder jetzt? Denken Sie gerade an Papa? Dürfen Sie überhaupt an Papa denken? Letztes Jahr haben wir doch noch als Familie gemeinsam Weihnachten gefeiert! 

Keine Nachricht auf dem Handy 

Man starrt auf das Handy – nichts. Kein Anruf, keine Mitteilung mit „Wir wünschen dir frohe Weihnachten, Papa“.  Je länger der Heiligabend dauert, desto weniger ist noch in der Flasche  (und ich mag immer noch keinen Rotwein). Aber auch mehr Gedanken gehen durch meinen Kopf. Ist das das Leben, was du möchtest? Möchtest du wirklich jedes Weihnachtsfest so verbringen? Besteht die Gefahr, abhängig von Genussmitteln zu werden? Oder irgendwann ganz alleine, mit Erinnerungen, die dich verletzen oder sogar zermürben? 

Wie kann ich weiterhin ein guter Vater sein? 

Fakt ist, du kannst die Situation nicht verändern oder die Trennung rückgängig machen. Was du aber machen kannst ist, Lösungen zu suchen, um dein Leben und das deiner Kinder zu gestalten, damit alle davon profitieren. Also machte ich mir eine Auflistung mit Pro und Contras: Was hält mich hier im tiefsten bayerischen Wald und was nicht? Womit kann ich gewissenhaft leben? Wie kann ich weiterhin ein guter Vater für meine Kinder sein? 

Nach einem bewegten, emotionalen und tiefgründigen Heiligabend im Jahr 2014 – ich habe übrigens knapp die Hälfte des Rotweins weggeschüttet – hatte ich meine Pro- und Contra-Liste fertig. Ich glaube es war so gegen 23:52 Uhr, als ich zum Entschluss gekommen bin: ich packe morgen meine Sachen und fahre in die Heimat – zu meiner Familie und zu meinen Freunden. 

Gesagt getan, am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg Richtung Köln. Nach fünf Stunden Fahrt endlich angekommen, freute ich mich erstmal auf Ruhe. Daraus wurde aber leider nichts, denn kaum am Elternhaus angekommen, sah ich schon zig Autos auf dem Hof stehen. Okay hier ist was los, ruhig wird es wohl erstmal nicht, dachte ich. 

Ich trenne mich und meine Großeltern feiern Goldene Hochzeit 

Dann fiel es mir wieder ein, heute am ersten Weihnachtstag vor genau 50 Jahren haben meine Großeltern geheiratet – also haben die beiden heute Ihre „Goldene Hochzeit“. Durch die ganzen Ereignisse, die sich in den letzten Wochen in meinem Leben abgespielt hatten, hatte ich dieses freudige Ereignis zur Seite geschoben. 

Jetzt fing es an bei mir zu rattern. Gedanken kreisten im Kopf: Wie schaffen es meine Großeltern 50 Jahre verheiratet zu bleiben? Warum schaffe ich das nicht? Was machst du jetzt bloß, gehst du da rein und verdirbst allen die gute Laune und Geselligkeit? Springst du über deinen Schatten und machst gute Miene zum bösen Spiel? Versuchst du unsichtbar zu sein und gehst allen unangenehmen Fragen aus dem Weg? Fragen über Fragen schwirrten durch meinen Kopf, aber da meine Großeltern mir sehr am Herzen liegen, habe ich mich erstmal kurz ausgeruht und mich dann ins Getümmel gewagt. 

Es war ein harmonischer Tag, meine Großeltern haben sich sehr über meinem Überraschungsbesuch gefreut und es kamen keine Fragen, es wurde gelacht, gefeiert und alte Anekdoten herausgeholt. Im Nachhinein war es für mich eine wichtige Erkenntnis zu spüren, was es bedeutet eine Familie hinter sich zu haben. Am zweiten Weihnachtstag ging es dann zu einem guten Freund auf dessen Geburtstagsparty. Auch dort wurde ich nicht mitleidig von meinen Freunden bedauert, ganz im Gegenteil. Wir haben gefeiert und getanzt bis in die Morgenstunden. Für mich war das wie Balsam auf meiner Seele. Zum Einen zu wissen, dass ich Freunde habe, die zu mir stehen und zum anderen, zu spüren, dass das Leben auch für mich weitergeht. 

Arbeiten an der Zukunft 

Also habe ich die nächsten Tage genutzt, um an meiner Zukunft zu arbeiten. Habe mir Ratschläge und Meinungen von Familienangehörigen und Freunden angehört, um mir ein Gerüst zu bilden für meine Entscheidung. Nach sechs Tagen „Heimaturlaub“ habe ich mich wieder auf den Weg Richtung Bayern gemacht. 

Kaum angekommen, habe ich versucht, Kontakt mit meinen Kindern aufzunehmen. Leider wie an Weihnachten wieder ohne Erfolg. Kein „ich wünsche euch ein frohes und gesundes neues Jahr“ oder dergleichen. Zuerst fühlte sich das wie ein Rückschlag an und wie einen Schlag ins Gesicht. Falle ich jetzt wieder ins alte Muster? Verbittere und hadere mit mir selbst? 

Nein, ich machte mir weiter Gedanken, habe mich mit verschiedenen Szenarien befasst und kam zu Entschluss: Für mich geht es zurück in die Heimat.  Jetzt fing das ganze Organisatorische an. Jobwechsel, Wohnungssuche, die geringe Zeit mit den Kindern (Besuchs-Rhythmus nur alle zwei Wochenenden) ausgiebig nutzen und genießen. 

Viel Hilfe von den Freunden 

Schnell hatte ich im Job Gewissheit und Sicherheit und konnte so meinen Umzug für Ende April planen. Dank der Hilfe meiner Freunde und Familie – sie sind 680 km zu mir gefahren – um den LKW und Autos vollzupacken. Und dann wieder zur neuen Wohnung 680 km zurück Richtung Köln:  das sind Freunde, auf die man sich verlassen kann. 

Ich hatte das große Glück, dass ich zumindest diesmal meine Kinder mitnehmen konnte, um ihnen die neue Wohnung und mein neues Zuhause zu zeigen. Wir haben gemeinsam die Wände gestrichen, geputzt und dekoriert – das war für uns drei ein sehr schönes Erlebnis und hat uns sehr zusammengeschweißt. Aber auch diese Zeit verging und ich musste die beiden wieder zu ihrer Mutter bringen. 

Einfach war es nicht 

Ich muss ehrlich sagen, die erste Zeit ohne Kinder und dazu noch diese Entfernung waren sehr schwer für mich. Ich habe mich durch die Arbeit und Sport abgelenkt. Die erste Zeit haben die Kinder und ich fast täglich telefoniert oder geskypt, doch irgendwann wurde es immer weniger. Es gab Tage, da saß ich in meiner Wohnung und habe keinen Fuß vor die Türe gesetzt. Hab TV geschaut oder mir Gedanken über die Arbeit gemacht. Immer das gleiche Schema, Arbeit, Sport, Schlafen – Tag für Tag. 

Negatives Gedankenkarussell  

Es kam mir öfters der Gedanke, ob dieser Schritt tatsächlich der richtige war. Hast du jetzt total versagt? Je mehr ich diesen Gedanken Einfluss auf mein Leben erlaubte, umso negativer wurde ich. Also begann ich, zu meiner Entscheidung zu stehen und fing an, das Positive zu sehen. Ich merke von Tag zu Tag, dass ich freier und lebensfroher wurde. Ich begann, die Zeit mit den Kindern noch mehr zu genießen, unternahm viel mit ihnen wenn wir uns sahen  – schwimmen, radfahren, Fußball und vieles mehr. 

Jetzt gehen beide in die Schule, ich sehe sie immer in den Ferien, dann für zwei bis drei Wochen oder auch mal Wochen am Stück.  Wenn mal ein längerer Zeitraum dazwischen liegt, besuche ich die beiden. Oft gemeinsam mit meiner neuen Partnerin – wir machen dann Radtouren, gehen schwimmen oder in den Freizeitpark. 

Das Vermissen hört nicht auf 

Klar gibt es Tage, an denen ich meine Kinder sehr vermisse. Meist vor allem dann, wenn die Kommunikation mal wieder schwierig ist und ich die beiden tagelang nicht erreichen kann. Ja, es gibt manchmal auch Tage, an denen ich es bereue, nicht in ihrer Nähe sein zu können. Ich glaube, das ist ganz normal und verständlich. 

Dennoch kann ich heute mit Stolz auf meine Entscheidung zurück blicken. Ich habe einen engen und sehr guten Draht zu meinen Kindern, ich bin für die beiden jederzeit da, egal wann und wo. Die Kinder sind gerne bei mir und akzeptieren meine neue Partnerin und alles, was dazu gehört. 

Ich kann aus Erfahrung sagen, dass ich trotz der Entfernung ein guter Vater bin und im Sinne meiner Kinder handele. Wer selbst in einer schwierigen Lebensphase steckt, sollte nicht immer nur vom Negativen oder Schlechten ausgehen.
Alles, was man ausstrahlt und anderen zufügt,  bekommt man irgendwann zurück. 

 

Foto: Jörg Kleinschmidt/pixelio.de

 

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Kommentar von Anni |

"Ich merke von Tag zu Tag, dass ich freier und lebensfroher würde " während deine Exfrau von Tag zu Tag vermutlich mehr Arbeit leisten muss und ihr keinerlei Rast ausser in den Ferien und eines monatlichen Besuches zugestanden werden und du schön dein Leben lebst.
Die Frage : will ich mein früheres Leben leben oder meine Kinder aufwachsen sehen gibt es meiner Meinung nicht mehr. Man hat sich für ein Kind entschieden und auch diese Entscheidung ist nicht rückgängig zu machen.
Im Prinzip stellst du DEIN Seelenwohl über das der anderen, der Kinder und die Mutter kommt kein einziges Mal in deinem Text vor. Hat sie KEIN Recht auf ein Leben nach der Trennung?
Müssen plötzlich nur noch Großeltern einspringen?
Du bist doch der Vater und zwischen Ferien und monatlichen Besuchen sind doch bitte schon Welten zu deiner Vaterrolle vor der Trennung.
Finde das unbegreiflich, auch die Unterstützung der Freunde. Ein echter Freund sollte dir in den Hintern treten, dass du doch um deine Kinder schaust. KINDER werden immer sagen es ist alles in Ordnung befragen kann man sie erst wenn sie selbst in so einem Alter wie du und nicht mehr so gebunden.
Ich denke es gibt etliche Momente an denen sie enttäuscht sind und ein willentlich abewesender Elternteil hinterlässt bestimmt spüren.
Das Leben besteht nicht nur aus Ferien sondern so vielen Momenten an denen du als vater fehlte. Meine Stimme hast du jedenfalls nicht ich halte sie für egoistisch und das sie sehr mit sich selbst beschäftigt sind. Sie sind erwachsen und können sich Freunde suchen oder ihre Freunde besuchen aber Kinder nur noch zu besuchen und ein Leben in der Ferne zu leben ist unbegreiflich.

Antwort von Christina Rinkl

Hallo Anni,

danke für deinen Kommentar. 
Aus meiner Erfahrung als Trennungscoach kann ich dir sagen: Kein Elternteil trennt sich leichtfertig. Und sicher zieht auch kein Elternteil leichtfertig von seinen Kindern weg. Jede Trennung hat ihre Geschichte. Mit vielen Details und Dynamiken, die Außenstehenden in der Regel weder klar noch bewusst sind. Von daher ist es immer viel einfacher von außen zu bewerten und zu urteilen als selbst jeweils drin zu stecken. 

Viele Grüße, Christina

Kommentar von Christina |

Also wenn ich dieses erste Kommentar schon lese! Ich habe die gleiche Situation und bin Mutter und omg nun geht es hier los. Doch ich kann nur sagen sowas kann funktionieren und klar ist es das schwerste auf der welt aber wenn man den Kindern zuhört und ihnen gutes tun will sollte man auf das Herz seiner Kinder achten. Das ist meine Meinung und jeder der mich kennt, steht hinter dieser komisch oder? Denn Ja es kommt auf jede einzelne Situation an die man durch hatte und was passiert ist. Ich finde das stark dies zu schreiben. Denn keinem Elternteil fällt sowas leicht! Doch was ist denn nun richtig der Krieg oder Frieden für alle Parteien. Lieber führe ich meinen inneren Krieg anstatt meinen Kindern so ein Chaos anzutun. Und achso ich bin ebenfalls immer für meine Kinder da ;). Immer und die sind sogar schon älter.

Kommentar von Florian |

Hallo,

ich bin sprachlos über die Parallelen des Autors und meiner Geschichte-auch wenn sich unsere letztendlichen Lebensentscheidungen grundlegend unterscheiden.
--
Ich komme ebenfalls aus dem Kölner Raum und meine beiden Kinder leben heute wieder in Linz, bei Ihrer Mutter (80 km vom bayrischen Wald gen Osten entfernt).

Damals (2009) lebte ich noch in Köln. Die heutige Mutter meiner Kinder und ich hatten uns Anfang des Jahrtausends kennen gelernt, dann aber viele Jahre keinen Kontakt gehabt.
Jahre später also trafen wir uns im Internet wieder, kurz darauf besuchte sie mich in Köln und wurde nach ca. 4 Wochen schwanger.

Es musste eine Entscheidung her: Sie nach Köln oder ich nach Österreich.
Ich zog also nach Österreich, ohne dass wir uns wirklich kannten. Wir waren sehr verliebt, aber wir kannten uns nicht. Ich war schon immer abenteuerlustig und gespannt auf das, was das Leben bereit hält.

In Österreich angekommen, stellte unsere Beziehung uns ziemlich bald auf die Probe. Wir sahen, dass unsere inneren Kinder keine guten Spielgefährten waren und oft stritten.

Wir trennten uns im Laufe der folgenden fünf Jahre mehrere Male, jedes einzelne davon zog ich aus der gemeinsamen Wohnung aus.

Mein Heimweh wurde immer größer, mit der österreichischen Mentalität kam ich nicht wirklich klar (dachte zumindest meine selektive Wahrnehmung damals noch).
--
Nach Ich überredete die Mutter meiner Kinder einen Neuanfang in Köln zu versuchen und argumentierte damit, dass wir nun 5 Jahre in Linz verbracht hatten und nun die nächsten 5 in Köln verbringen könnten.

Meine Überzeugung, dass ich mich in meiner ursprünglichen Heimat viel wohler fühlen -und deshalb ein besserer Vater und Partner sein würde, war immens stark!
2015 zogen wir also um, auf ins Land der Jecken.

Im Gepäck hatten wir unsere Tochter (unser Sohn wurde kurz darauf geboren), den Irrglauben daran das die Heimat dort ist wo man herkommt -und eine große Portion Hoffnung.

Nach 2 Jahren scheiterten wir. Es gab trotz Paartherapie etc. keine Hoffnung mehr für uns als Paar.

--
Sie zog mit den Kindern zurück nach Linz und ich stand nun da:
Mein Herz brach in drei Teile.

-Meine beiden Kinder
-Die gescheiterte Beziehung
-Ich allein

Meine Trauer verwandelte sich im Abgrund der verlorenen Utopie in suizidale Gedanken. Es war alles so sinnlos plötzlich.

Als ich meine Kinder auf der Hofeinfahrt des Hauses meiner Mutter im April 2017 weinend verabschiedete- genau an dem Platz, an dem sich meine eigenen Eltern 30 Jahre zuvor trennten- durchlebte ich eine Re-Traumatisierung.

Ich versank in tiefe Depressionen, nichts ergab mehr Sinn. Ich suchte mir schnell eine neue Freundin und redete mir ein, dass ich NUN die Liebe meines Lebens gefunden hatte (2017).
Sie war eine wirklich liebe Frau und half mir über den schlimmsten Schmerz.
Wir trennten uns nach knapp einem Jahr im Guten.

Das halbe Jahr darauf wurde ich stationär in einer psychosomatischen Klinik behandelt, weil ich nicht mehr konnte. Ich versuchte zum einen mit dem Abstand zu meinen Kindern –und zum anderen mit dem Gefühl des Versagens klar zu kommen. Die Gedanken an meine Kinder quälten mich Tag für Tag. Nach einer langen Selbstsuche fasste ich den Entschluss:
Ich muss zurück zu meinen Kindern!
--
Also zog ich im April 2018 nach Passau-in den bayrischen Wald.
Nach Österreich wollte ich erst nicht, weil ich das Gefühl brauchte, zumindest noch in meinem „Heimat“-Land zu sein UND einen gewissen geographischen Abstand zur Mutter meiner Kinder zu bewahren. Dieser ist nun 85 km lang.

Heute, nach über 3 Jahren habe ich viel gelernt. Ich weiß, dass Heimat überall da ist, wo man sich wohl fühlt. Denn wenn man Entscheidungen mit einem guten Gefühl fällt, nimmt man dieses in seinem Gepäck mit. Das spüren die Menschen um einen herum und man findet schnell Freunde und Menschen, die einem zugewandt sind-egal wo.

Ich besuche meine Kinder jeden 2. Montag am Nachmittag in Linz. Dadurch entsteht zumindest an EINEM Wochentag so etwas wie ein Alltagsgefühl. Ich hole die beiden von Kiga und Schule ab und verbringe ein paar Stunden mit ihnen, bis die Mama nach Hause kommt. Jedes 2. Wochenende hole ich sie dann von Freitag bis Sonntag ab.

So ist es bis jetzt gut. Vielleicht ziehe ich eines Tages doch wieder nach Linz, um noch näher bei ihnen sein zu können. Mal sehen.

Fazit:

Heimat ist nicht da wo man herkommt, sondern wo man hinmöchte.
Man hat sie als Repräsentant ohnehin immer dabei(was nebenbei die wunderbare Chance bietet, die eigene Mentalität in die Welt zu tragen).
Freunde und Familie bleiben sowieso-egal wo man ist.

Antwort von Christina Rinkl

Herzlichen Dank für deinen ausführlichen Kommentar und deine Offenheit, Florian. 

Alles Gute für dich und deine Kinder. 

Herzliche Grüße, 

Christina

Kommentar von Tom |

Ich finde diesen Text sehr stark. Ich befinde mich in einer ähnlichen Situation und kann die Situation völlig nachvollziehen.

Ich bin vor über 10 Jahren aus dem Allgäu nach Berlin für ein Studium gezogen. Es war für mich immer klar, dass dies eine begrenzte Zeit sein wird und ich danach wieder in meine Heimat ziehe. Nun kam alles anders. Ich habe eine Frau kennengelernt und wir haben zusammen eine wundervolle vierjährige Tochter. Da aber die kulturellen Unterschiede und Lebenspläne, Erziehungsfragen etc. zu weit auseinanderlagen und kein gemeinsamer Weg erkennbar war, habe ich mich getrennt und bin ausgezogen, als unsere Tochter 1 Jahr alt war.

Leider bin ich hier niemals richtig angekommen und kann auch nach all den Jahren nicht behaupten, dass ich mich hier wohl fühle. Mein Herz sagt mir "ziehe zurück zu deiner Familie und deinen engsten Freunden". Es vergeht kein Tag, an dem ich mir nicht wünsche, in meiner Heimat zu sein. Ich liebe meine Tochter über alles, aber opfere ich mein eigenes Leben!? Ich bin der Meinung, ich kann nur dann ein guter Vater sein, wenn ich selbst bei mir angekommen bin und das wird in Berlin und in der Umgebung nicht passieren.

Deswegen werde ich umziehen, sobald ich einen neuen Job gefunden habe. Wie es dann wird, kann ich nicht voraussehen. Aber ob es ein Chaos wird oder nicht, wird davon abhängen, wie wir beide als Eltern damit umgehen. Wenn die Schulzeit beginnt, werden wir die Ferien zu 50:50 aufteilen, dann ist auch 1/3 des Jahres bereits vorbei. Für die andere Zeit werde ich die Fahrten und zusätzlichen Kosten auf mich nehmen, für meine Tochter. Dies aber im Wissen, dass ich jeden Tag an dem Ort verbringe, an dem ich mich wohlfühle und das wird auch meine Tochter merken.

Antwort von Christina Rinkl

Danke dir Tom für den Einblick in deine Situation und für dein nettes Feedback zum Text. 

Alles Gute für dich und deine Tochter. 

Christina

Kommentar von Anni |

Guten Abend Christina,
Ich habe nie geschrieben, dass es um die grundsätzliche Trennung geht da gebe ich ihnen Recht da hat jeder seine Geschichte aber auch jede Geaschichte hat zwei Seiten und ohne die der Mutter zu kennen oder die der Kinder die in keinem Absatz auch nur nebenher die Mutter gar nicht erwähnt werden kann ich eben nur aus meiner Erfahrung schreibeb....des einem Freiheit ist des anderens Einschränkung und des Kindes Leid, dass man für Freunde den Alltag des eigenen Kindes aufgibt finde ich doch wirklich unfassbar traurig.

Kommentar von Sabi |

Hallo,

ich kann dem ganzen gut nachvollziehen.

Ich habe zwei Kinder 6 und 8 Jahre alt (Tochter & Sohn) die bei ihrem Vater leben. Er hat ein Haus in seiner Heimat gebaut und seine Großfamilie in der Nähe vor Ort (Ostwestfalen-Lippe, NRW).
Meine Heimat ins Franken und ich habe vor Ort nur meine Schwester, die selbst ihr Leben aufbaut.
Mein Ex-Mann übt durch unsere Kinder Macht aus und bestimmt wie er will (zweierlei Maß).
Er ist Ingenieur und ich angehende Erzieherin.
Dir Oma passt hin und wieder im Haus meiner Kinder auf unsere Kinder auf, wenn der Papa verreisen muss durch die Arbeit.

Ich lebe nur wegen meiner Kinder in der selben Stadt und bin totunglücklich.
Ich sehe sie nur jeden Sa und So. In der Woche lässt der Vater meiner Kinder sie mich kaum sehen. Er bestimmt wie es ihm passt. Ich würde so gerne mehr meine Kinder sehen und mich um sie kümmern, aber der Ex-Mann hat Angst das ich unzuverlässig bin und unsere Kinder enttäuschen könnte. Sozusagen steht der Kindsvater zwischen mir und meinen Kindern. Ich kann mich mit ihnen nicht frei entfalten. Zu wenig Zeit und sie müssen schon wieder gehen. Oft bin ich alleine zuhause. Freunde habe ich kaum vor Ort. Lenke mich mit dem Fitnessstudio ab oder besuche die Natur oder selten mal Veranstaltungen. Ich lebe seit knapp 3 Jahren in einer Fernbeziehung. Wir haben viele Hürden hinter uns und glückliche Tage. Es passt wie man so schön sagt wie Arsch auf Eimer.
Meine Mutter lebt in Berlin und mein Vater in Hamburg, der bereits seit 2019 Oktober verstorben ist. Meine Verwandten in Oberfranken ist der Kontakt abgebrochen, weil ich den Kontakt damals zu meinem Vater hielt und weil ich mich von meinem Ex-Mann trennte und meine Kinder bei ihm ließ ( er hatte mehr die Möglichkeit unseren Kindern finanziell und familiär eine Stütze zu sein). Zudem ich auch Ex-Muslimin bin und Distanz zu türkischen und arabischen Leute nehme.

Ich fühle mich als Mutter entwertet und entsorgt.
Darf meine Kinder nicht, wegen des Kindsvaters nicht bemuttern, da wir verschiedene Werte und Normen vertreten.
Das Jugendamt sieht die Not bei mir nicht und auch meine Tochter die mich gerne mehr sehen möchte. Wir wollen mehr einander haben, die Zeit, die wir in 5 Jahre Trennung nicht richtig die Möglichkeit hatten mehr voneinander kennen zulernen.

Ich hatte damals Depressionen und einen Nervenzusammenbruch gehabt.
Durch die nicht Unterstützung und nicht Glaubens, das unser Sohn etwas hat. Später kam heraus, daß er eine Sprachentwicklungsverzögerung und ADHS hat. Meine Vermutung wurde bewahrheitet.
Auch ich habe ADHS, welches ich vermutete.
Darum verstand ich meinen Sohn. Mir fehlten nur Familienmitglieder und mein Partner, die mir glaubten und das ich auch ihre Hilfe benötigte. Darum der Nervenzusammenbruch und das verlassen meines Ex-Mannes.

Ich möchte gerne in der Nähe meiner Kinder bleiben, aber ich habe Angst zusammen zubrechen und durchzudrehen und ernsthaft körperlich und psychisch zu erkranken.
Ich bin müde vom Leben und von der Sehnsucht meiner Kinder und zu meinem Partner in der Ferne.
Vor kurzen wurde ich 34 Jahre alt.

Auch ich bin ein Scheidungskind und wünschte mir immer eine heile Familie.

Bei meinem Partner fühle ich mich angenommen und akzeptiert. Seine komplette Familie freut sich auch mich zu sehen und es gibt viel auszutauschen.
Sie sind Deutsche.

Mein derweiliger Wohnort, in der ich dieses Jahr 20 Jahre lebe, weil ich für meine Mutter ihre Liebe dorthin gezogen bin, ist für mich schwer auszuhalten.

Ich werde dort nicht wirklich akzeptiert und wertgeschätzt. Die meisten Menschen dort stur und verschlossen. Das kenne ich als Süddeutsche nicht so. Es tut mir wirklich weh. Dann denke ich, dass ich noch mindestens 6 bis 10 Jahre aushalten muss, bis die Kinder größer werden.

Schaffe ich das? Das Frage ich mich jeden Tag.

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